Rund 95 % aller Beschaffungen finden unterhalb der Schwellenwerte für die Anwendbarkeit des europäischen Vergaberechts statt. Vor diesem Hintergrund hat die Reform des nationalen Haushaltsvergaberechts durch die neue Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für die Vergabepraxis größere Relevanz als die umfassende Reform des europäischen Vergaberechts 2016. Nachdem die UVgO für die Bundesverwaltung im Herbst 2017 in Kraft getreten ist, wird diese voraussichtlich Anfang des Jahres 2018 in vielen Bundesländern Anwendung finden und dann auch für viele Kommunen zu berücksichtigen sein.
Die UVgO löst den ersten Abschnitt der VOL/A ab und bringt eine völlig neue Struktur sowie zahlreiche Änderungen mit sich. Die Änderungen betreffen alle wesentlichen Aspekte des Vergaberechts: Verfahrensarten und Verfahrensdurchführung, schrittweise Einführung der e-Vergabe, vereinfachtes Verfahren für soziale und besondere Dienstleistungen, Eignungs- und Zuschlagskriterien. Hinzu kommen zahlreiche Verweise auf die Vergabeverordnung (VgV) etwa in Bezug auf ausschreibungsfreie Auftragsvergaben, Vertragsänderungen, etc..
Die zentrale Methodik besteht in der Durchführung der Vergabeschulung als Workshop. Ausgehend von einer foliengestützten Präsentation mit Beispielen aus der Praxis werden die Teilnehmer in Dialogform mit einbezogen und sind aufgefordert, eigene Fragen aus ihrer Praxis und Anregungen in die Veranstaltung mitzubringen. Das Ziel des Praxisseminars besteht darin, die neue Struktur des Unterschwellenvergaberechts anschaulich darzustellen. Besondere Bedeutung haben die Auswirkungen der Neuregelungen auf die Vergabepraxis.
Das Praxisseminar richtet sich an Mitarbeiter, Juristen und Sachbearbeiter der öffentlichen Hand, die mit der Vergabe von Aufträgen im Liefer- und Dienstleistungsbereich befasst sind. Die Kenntnis der umfangreichen Neuerungen ist für öffentliche Auftraggeber von zentraler Bedeutung, um die Vergabeverfahren rechtskonform, wirtschaftlich und mit der gewünschten Flexibilität durchführen zu können.
Themenüberblick, 09:30-16:30 Uhr:
Neue Inhalte und Struktur des Unterschwellenvergaberechts
- Derzeit geltende Rechtsvorschriften (europäisches und nationales Vergaberecht, Haushaltsrecht, Landesvergabe- und Tariftreuegesetze, MiLoG, etc.)
- Überblick über wesentliche Struktur und Inhalte der UVgO
- Abgrenzung der Auftragsarten (insbesondere Liefer- und Dienstleistungsauftrag vom Bauauftrag)
- Bedeutung und Schätzung der Schwellenwerte
- Dokumentation des Vergabeverfahrens
Verfahrensarten und Verfahrensabläufe im Detail
- Ausgestaltung der Verfahrensarten
- Erläuterung der Verhandlungsvergabe (ersetzt freihändige Vergabe)
Elektronische Vergabe (e-Vergabe)
- Anforderungen an die Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung
- Abrufbarkeit der Vergabeunterlagen
- Elektronische Einreichung der Angebote und Teilnahmeanträge
Gleichlauf mit und Erleichterungen gegenüber der VgV
- Interessenkonflikte vermeiden; vorbefasste Unternehmen; Markterkundung
- Ausschlussgründe, Eignungskriterien und Zuschlagskriterien
- Nachforderung von Unterlagen
- Anforderungen an Gütezeichen
- Flexiblere Zulassung von Nebenangeboten
Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen
- Freie Wahl der Verfahrensarten
- Besondere Berücksichtigung qualitativer Aspekte
Flexibilität bei der Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen
- Grundsatz: Vergabe im Wettbewerb
- Orientierung an den Regelungen zum Vergabeverfahren
Angebotswertung
- Eignungsprüfung und Zuschlagsverfahren